Dem Gehirn eine Pause gönnen

Es war Zufall, als ein Neurologe namens Markus Raichle bei einem seiner Probanden, der ohne spezifische Aufgabe einfach nur in der Magnetresonanz-Röhre lag, die Hintergrundaktivität des Gehirns untersuchte, als dieser eine Pause machte. Raichle fand zu seiner Überraschung, dass das Gehirn, wenn es nicht mit einer Aufgabe beschäftigt, trotzdem äusserst aktiv ist: Es verarbeitet und synchronisiert Informationen aus den verschiedensten neuronalen Netzwerken. Dieser Modus, auch passiver Verarbeitungsmodus gennannt, springt nur dann an, wenn wir rein gar Nichts tun. Die zentrale Erkenntnis des Neurologen zum Hintergrundrauschen des Nichts-Tuns: Man sollte seinem Gehirn immer wieder eine Pause gönnen. Wer ständig aktiv ist, unterdrückt damit wichtige Funktionen des Gehirns in zahlreichen neuronalen Netzwerken, unter anderem in solchen, die für Kreativität zuständig sind. Wenn wir also wollen, dass unser Gehirn optimal arbeitet, sollten wir unbedingt Pausen des Nichts-Tuns in unseren Alltag einbauen.

Man hat uns allerdings von Kind auf beigebracht, dass jeder Augenblick mit Aktivität gefüllt werden muss, sodass wir ständig mit eMails, SMS, Besorgungen, Telefonieren, Autofahren, bearbeiten von Checklisten oder anderen Aktivitäten beschäftigt sind. Meine Mutter sagte oft zu mir: „ Ralph, sitz nicht einfach rum, mach was!“ Heute wissen wir, dass das kein optimaler Umgang mit dem Gehirn ist, da durch permanente Aktivität keine neue Verbindungen entstehen zu können. Untersuchungen zeigen beispielsweise, dass die jüngere Generation weniger kreativ ist als die Älteren, die noch „rumhängen“ konnten, ohne ständig SMS zu senden, zu „ gamen“ oder zu „chatten“. Fazit: Wer nicht ab und zu faul ist und einfach nichts tut, tut sich und seinem Gehirn keinen Gefallen, denn das Gehirn ist wie ein Muskel, der auch Erholung braucht, um wieder gut arbeiten zu können.
Es scheint also so etwas zu geben, wie eine spontane Aktivität des Gehirn. Mit anderen Worten: Das Gehirn organisiert sich teilweise selbst und sogar besser, wenn wir es im Selbstorganisation-Modus arbeiten lassen. Selbstorganisation ist übrigens ein Kennzeichen aller natürlichen Systeme, und das Gehirn gilt unter Neurologen als ein komplexes System mit einem hohen Grad an Selbstorganisation. Schalten Sie also getrost ohne Schuldgefühle in den Selbstorganisationsmodus des Nichts-Tuns. Ihr Gehirn wird es Ihnen danken, dass es endlich Zeit hat für Maintenance-Arbeiten und Ihnen als Bonus noch eine kreative Idee zufallen lassen.